Die Film- und TV-Branche ist ein kreativer und dynamischer Sektor, der jedoch mit einem wachsenden Fachkräftemangel zu kämpfen hat. Die Münchner Filmwerkstatt ist sich der Herausforderungen bewusst und engagiert sich täglich dafür, Filmschaffende und zukünftige Talente zu qualifizieren und mit den sich ständig verändernden Anforderungen der Branche Schritt zu halten. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die Gründe für den Fachkräftemangel und präsentieren eine nachhaltige Fachkräfte-Strategie für Film und TV.
Ursachen des Fachkräftemangels:
- Verlassen der Branche für bessere Work-Life-Balance: Viele Fachkräfte suchen in anderen Branchen nach einer besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.
- Wegfall von Praktikumsstellen: Das Mindestlohngesetz hat den Strom an Praktikant:innen verringert, der einst den Einstieg in die Branche erleichterte.
- Serien-Boom durch Streamingdienste: Die zunehmende Beliebtheit von Serien hat den Bedarf an Fachkräften stark erhöht.
- Allgemeiner Fachkräftemangel: Die Auswirkungen der Coronapandemie haben den Fachkräftemangel am gesamten Arbeitsmarkt verstärkt.
So könnte eine kohärente Fachkräfte-Strategie für Film & TV aussehen:
1. Arbeitsbedingungen verbessern
Die Film- und TV-Branche sollte sich darauf konzentrieren, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Menschen nicht abschrecken. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte dabei im Fokus stehen.
2. Modulare Aus- und Weiterbildung
Es ist wichtig, Berufsbilder mit Rahmenstoffplänen zu definieren, die modular aufgebaut sind und den Lernenden Flexibilität in ihrer Aus- und Weiterbildung bieten. Die Bildungsinhalte sollten nach individuellem Parcours erarbeitet werden können.
3. Anerkannte Abschlussprüfungen
Unabhängige und anerkannte Abschlussprüfungen, die im Deutschen bzw. Europäischen Qualifikationsrahmen vorkommen, sind entscheidend, um die Vergleichbarkeit von Abschlüssen sicherzustellen und die Qualität der Ausbildung zu gewährleisten.
4. Finanzielle Unterstützung für Weiterbildung
Ein Umlagesystem, bei dem branchenangehörige Unternehmen einen Beitrag in einen Weiterbildungsfonds zahlen, könnte Filmschaffenden dabei helfen, ihre Aus- und Weiterbildung zu finanzieren.
5. Breitenförderung für den Nachwuchs
Die Nachwuchsförderung sollte breit angelegt sein und nicht nur auf wenige Spitzenprojekte beschränkt sein. Höchstbeträge in der Förderung sollten festgelegt werden, um vielen Nachwuchsfilmemacher/innen die Chance zu geben, ihre Talente zu entfalten.
6. Medienbildung als Schulfach
Viele junge Menschen möchten "irgendwas mit Medien" machen. Bisher konzentriert sich ihr Interesse jedoch hauptsächlich auf zwei Berufsbilder: Regie und Schauspiel. Medienbildung als Schulfach würde Wissen über die vielfältigen Berufe in der Filmbranche vermitteln. Durch eine breitere Wissensbasis könnten die Schüler fundiertere Entscheidungen über ihre berufliche Zukunft treffen und möglicherweise auch weniger stark umkämpfte Berufsbilder in Betracht ziehen, was letztendlich zu einer besseren Arbeitsmarktsituation führen könnte.
Ausführlich habe ich diese sechs Vorschläge in einem Gastbeitrag für blackbox filminfo formuliert, der auch hier nachgelesen werden kann.
Konkrete Tipps für Ausbilder:innen ergänzt von Start Into Media:
- Förderung einer ausgewogenen Work-Life-Balance: Medienausbilder sollten darauf achten, dass Arbeitsbedingungen am Set und in den Produktionsbüros so gestaltet sind, dass sie Fachkräfte nicht abschrecken. Dies beinhaltet die Schaffung von Arbeitsbedingungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und persönlichem Leben ermöglichen. Hierzu gehören flexible Arbeitszeiten, Unterstützung bei der Kinderbetreuung und die Förderung einer gesunden Work-Life-Balance.
- Modularisierte Ausbildungskonzepte: Medienausbilder können modulare Rahmenstoffpläne für verschiedene Gewerke entwickeln, um alternative Ausbildungsmöglichkeiten in der Branche zu schaffen. Diese modularisierten Ausbildungskonzepte bieten den Lernenden Flexibilität und ermöglichen es ihnen, ihre Ausbildung an ihre individuellen Bedürfnisse und Beschäftigungssituationen anzupassen. Die Ausbildungsinhalte können autodidaktisch, über Bücher, Onlinekurse, Seminare oder Lehrgänge erworben werden. Hier können auch Kooperationen mit Hochschulen zur Bereitstellung passender Module für Nicht-Studierende genutzt werden.
- Unterstützung bei der Finanzierung von Aus- und Weiterbildung: Medienausbilder können Unterstützungsprogramme oder Stipendien für Filmschaffende einführen, die sich ihre Aus- und Weiterbildung nicht selbst finanzieren können. Dies kann beispielsweise durch die Einrichtung von Weiterbildungsfonds erfolgen, in die branchenangehörige Unternehmen einzahlen. Filmschaffende können dann auf diese Fonds zugreifen, um Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote zu finanzieren. Eine Anregung hierfür könnte das umlagefinanzierte Modell der Weiterbildungsfinanzierung Afdas aus Frankreich sein.
Durch die Umsetzung dieser Tipps können Medienausbilder bereits heute zur Verbesserung der Fachkräftestrategie in der Film- und TV-Branche beitragen.
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